Writing

Judge me

Erdbeereis ist das schlechteste Eis, das es gibt. Das ist Fakt. Die Frage ist ja, ob es trotzdem besser ist, als gar kein Eis. Und das ist eine Frage, die jeder nur für sich selber beantworten kann. (Genauso wie gelbe Gummibärchen, grüne Paprika und Salzlakritz.) Manche Dinge polarisieren einfach, weil sie so sind wie sie sind. Manche Menschen tun das auch. Take me as I am or watch me as I go.

Basic Bitch- eine Definition

Die s.g. “Basic Bitch” hält sich ironischerweise für absolut einzigartig, obwohl sie in Wirklichkeit schmerzhaft normal bis langweilig ist. Sie ist der personifizierte Stereotyp. Sie ist sich ihres völligen Mangels an Besonderheit tragischerweise nicht bewusst. 

Wenn am Wochenende der halbtrockene Rotkäppchen Sekt auf die Airforce kleckert, weil beim Insta Story drehen mit den Mädels (#girlsnight) aus Versehen was verschüttet wurde, wird am Montag im Büro erzählt, wie absolut crazy das Wochenende schon wieder war. Sie findet Joko und Klaas immer noch lustig und oh mein Gott sie liebt Podcasts! Besonders Gemischtes Hack, weil Felix Lobrecht ist ja schon echt hot und auf True Crime steht sie auch. Ihr bunten Plastikarmbänder sind von Urban Outfitters, aber sie kann verstehen, wenn das nichts für jeden ist. Sie ist halt einfach ziemlich edgy. Und den besten Kaffee gibts bei Starbucks only you know. Im Herbst auch gerne mit Pumpkin Spice. Selbstredend, dass das sommerliche Pendant dazu nur der Bubble Tea sein kann. 

Liebeserklärung oder auch nicht

Ich kann nicht mit und auch nicht ohne dich. Du sagst immer, du kommst und bist nie rechtzeitig

Du riechst komisch und dreckig bist du auch

Aber du weißt, du kannst es dir erlauben, weil ich dich so sehr brauch‘

Schon so viele Nächte zusammen durchgemacht 

Hast mich immer besoffen nach Hause gebracht 

Bin so oft gestrandet mit dir im nirgendwo falsch abgebogen oder stehen geblieben und keiner wusste wieso

Auf dich kann man sich nie verlassen

Und du wunderst dich noch dass dich so viele hassen

Pass mal auf Liebes und hör mir gut zu, 

weil der springende Punkt bist ganz alleine du 

Denn du bist sauteuer und das ohne Grund,

Du bist der Hamburger Verkehrsverbund

2 Uhr nachts abschaffen 

2 Uhr nachts ist ne scheiss Uhrzeit. Es ist die Uhrzeit, in der du der Spiegelung deiner Linsenchips fressenden Visage im schwarzen Fernsehdisplay entgegen starrst, während Netflix dich fragt “SCHAUEN SIE IMMERNOCH!?”

Es ist die Uhrzeit, in der sich sogar deine Summer vibes Festival Playlist melancholisch anhört. Es ist die Uhrzeit, in der irgendeiner von deinen nach Hamburg zugezogenen Kommilitonen vorschlägt, die gut laufende Hausparty jetzt aufzulösen und doch noch auf den Berg zu verlegen. Es ist die Uhrzeit, in der du es für eine richtig gute Idee hältst die alten Chatverläufe zum 17. Mal durchzulesen und der heartbreak wieder richtig reinkickt. Es ist die Uhrzeit, in der du dir eingestehen musst, dass du definitiv nicht genug Schlaf abkriegen wirst, weil du früh aufstehen musst oder du dir vorkommst wie ein Versager, weil du dir gerade wieder den Biorhythmus eines 19 jährigen Bong Rauchers antrainierst. Und es ist die Uhrzeit, in der deine Panikattacke dich fast ohnmächtig macht, die du seit knapp drei Stunden zu unterdrücken versucht hast. In jedem Falle ist 2 Uhr nachts eine scheiss Uhrzeit und gehört abgeschafft. 

Nostalgia/ Melancholia

Als ich klein war und alte Fotos von meinen Eltern aus den 80ern gesehen habe, dachte ich immer die Welt hätte damals tatsächlich andere Farben gehabt. Alles sah so ausgewaschen aus. Blass. Zart. Pastell. Irgendwie war das schön. Unaufdringlich schön. Als würde man vor einem traurigen Bonbonladen stehen.

Viva la Granatapfel

Der rote Granatapfel ist seit der Antike als Speise der Götter bekannt. Es gibt sogar die Theorie, dass Adam und Eva keinen normalen Apfel, sondern einen Granatapfel gegessen haben (was ich eigentlich nicht glaube, weil so einen Granatapfel zu entkernen ist ja echt immer richtig anstrengend und das machst du nicht mal eben so zwischen Schlange und Baum aber egal) 

Paar tausend Jahre später sitzen wir bekifft in Schlüpfer und Strümpfen im Bett und snacken den Granatapfel gottlos direkt vom Laken ohne mit der Wimper zu zucken. Donnerlittchen was ein Downgrade. Das ist der wahre Sündenfall. 

untitled (weil ich zu müde bin)

Und ich atme und atme. Und die kack Muskelentspannung hilft nicht.

Und ich atme und atme und die ASMR Sounds nerven mich.

Und ich atme und atme und ich denk an dich.

Und ich atme und atme und ich schreib dieses dumme Gedicht.

Und ich atme und atme. 

4…7…8… mehr aus als ein. 

Und ich atme und atme und schlaf trotzdem nicht ein. 

“Kick” me

Eigentlich ist alles gut, aber manchmal willst du den Kick zurück. Wie damals, als du dich in deine unbequemen 50€ Stilettos für den Club gezwängt hast, weil du dachtest, hotte Partygirls werden das so machen - den Bauch voller Cider und Aldi O-Saft mit billig Wodka. Dein erster Kuss, dein erstes Mal, die erste Pille, der erste Rausch. Wie stolz du dein weißes Pressspan IKEA Regal in deiner ersten eigenen Wohnung aufgebaut hast. Jede Nacht bis 5 Uhr wach. Alles gut, aber manchmal vermisst du den Kick. Wie damals als der Weißwein noch süß sein musste. Als daten, küssen, tanzen - als das alles noch so aufregend war. Als Techno noch ohne schnelle Brillen und die Jeans skinny waren. Der Döner 5,50€ und die Kopfhörer mit Kabel. So viele Cocktails, Kater, Typen, Herzschmerz. Als du dachtest, das sei das wahre Leben und eigentlich hattest du keine Ahnung.

Heute stehst du da mit deiner kleinen y2k Tasche am Handgelenk und fragst dich, warum du dir gerade für 27€ Aperols reingeschüttet hast, denn eigentlich willst du nur ins Bett. Drei Drinks und du hast schon Kater. Ist auch nicht schlimm, sagst du dir und du hast Recht. Du willst den ganzen Shit von früher nicht zurück. Du magst den Wein trocken und den Geruch von Essigreiniger. Du legst deine Rechnungen ab und deine Handtücher passen zur Farbe der Seife. Du gehst regelmäßig zur Prophylaxe beim Zahnarzt und du rufst deinen Steuerberater ohne Social Anxiety an.

Das ist alles schön. Du bist gut da wo du jetzt bist. Du hast lange dafür gekämpft. Nur manchmal.

Manchmal da wünscht du dir einfach den Kick zurück. 

Hüpfburgen und Heartbreaks

Wenn wir klein sind haben wir eine ziemlich klare Vorstellung vom Erwachsen sein. Erwachsene sind größer als wir. Vernünftig. Wissen immer, was richtig und falsch ist. Erwachsene sind Spielverderber. Sie weinen nie oder zumindest sehr selten. Erwachsene brauchen niemanden, der auf sie aufpasst. Stattdessen passen sie auf uns auf und wissen, was zu tun ist. Mama ist erwachsen. Papa ist erwachsen. Sie sind der Maßstab, an dem wir uns orientieren. Wenn wir hinfallen und Mama noch lacht, wissen wir, dass es nicht so schlimm war. Wir weinen, bevor wir überhaupt gefühlt haben, ob das Knie tatsächlich wehtut (wobei ganz im Ernst jedes Kind aus den 90ern und frühen 2000ern weiß, wie krass es wehtut wenn der Cittiroller gegen deinen Knöchel knallt) denn Mama kann die Lage besser beurteilen als wir. Sie ist schließlich erwachsen und hat den Plan. 

Das Nervige ist, dass wir mit der Zeit leider unweigerlich älter werden. Und dann kommt dieser Lebensabschnitt, in dem wir komisch aussehen und riechen und uns jeden Tag fühlen als hätte uns jemand in unserem eigenen Körper ausgesetzt. Fremd. Orientierungslos. Und mit fortschreitendem Alter passieren Dinge. Aus Wassereis und Hüpfburgen werden Leistungsdruck und Heartbreaks. 

Wir trinken literweise Biermischgetränke, rauchen noch nicht auf Lunge (fühlen uns aber heftig nach Straße, wenn wir paffen) und sind durchgehend stinksauer. Worauf? Auf alles und jeden. Keiner versteht uns, jeder ist peinlich und wir fühlen viel zu viel. Am Montag strotzen wir vor Energie und das Leben fühlt sich an wie eine von diesen aalglatten spanischen Netflixserien, in dem sie mit dem Colourgrading immer komplett übertreiben und alle aussehen wie Covermodels aus 2005. Am Dienstag kommen wir aus der Schule nach Hause und weinen stundenlang ohne eine Ahnung zu haben warum. Alles ist intensiv und neu. Auf einmal fragen wir uns wer wir eigentlich sind und haben unheimlich viel zu sagen, sind aber total überfordert unsere Gedanken auf Spur zu bringen. Wir haben 50 Tabs im Kopf gleichzeitig geöffnet und auf einmal passieren so viele Dinge, vor denen Mama und Papa uns nicht mehr beschützen können und wir wollen auch gar nicht mehr beschützt werden. Das ist okay, das muss passieren. Wir müssen richtig miese Entscheidungen treffen, um daraus zu lernen. Einige Lektionen werden zu witzigen Anekdoten, die man Jahre später noch auf Wg Partys in der Küche erzählt wie: „Weißt du noch damals, als Lisa im Vollsuff versucht hat dir ein Bauchnabelpiercing mit einer Stricknadel zu stechen?“ Andere sind nicht so witzig und tun Jahre später noch weh wie: „Weißt du noch, als du deine Jungfräulichkeit an diesen einen Typen verloren hast, den du richtig gern mochtest und der dich nachts alleine zum Bus geschickt hat und am nächsten Tag in der Schule vehement abgestritten hat, jemals was mit dir gehabt zu haben?“ 

Solche Dinge passieren. Nicht mehr der Cityroller tut uns weh, sondern andere Menschen und wir uns selbst. Wir müssen schmerzhaft lernen, was es heißt auf uns selber aufzupassen und wir fallen auf die Fresse bei dem Versuch herauszufinden wer wir sind und was wir vom Leben wollen. Und mit fortschreitendem Alter fangen wir an immer mehr Dinge in Frage zu stellen bis uns irgendwann auffällt, dass wir mittlerweile genauso groß sind wie Mama und dieses Alter erreicht haben, das wir als kleiner Knopf im Plantschbecken wahnsinnig erwachsen fanden. Und wir ertappen uns immer wieder bei dem Gedanken, dass wir gerne das Wassereis und die Hüpfburg zurück hätten, denn wir haben keine Ahnung, was wir tun, was richtig oder falsch ist, wer wir sind, was wir wollen und es wäre wirklich schön jemanden zu haben, der wieder auf uns aufpasst. Auf dem Papier sind wir erwachsen. Wir dürfen endlich offiziell Wodka kaufen und Auto fahren, ohne dass Papa daneben sitzt und die ganze Zeit irgendwas von Mindestsicherheitsabstand und Bremswegen faselt. Wir dürfen in jeden Club, heiraten, medizinisch über uns selbst verfügen, uns von Kopf bis Fuß tätowieren und piercen lassen, wählen gehen, legal Pornos gucken und ins Solarium gehen. Erwachsen sein auf dem Papier klingt schon sehr nach Highlife. Und das haben wir uns doch auch immer gewünscht oder nicht? Wie oft sind wir genervt vom Frühstückstisch aufgestanden und haben Mama angefaucht, dass sie uns nicht mehr wie ein Kind behandeln soll (und danach haben wir sie kleinlaut gefragt, ob sie uns zum Kieferorthopäden begleitet, weil wir uns nicht alleine getraut haben). Aber abseits des Papiers, so richtig in der Realität stellt sich das Erwachsen sein irgendwie als komplexer heraus als gedacht. Und spätestens nach dem Abi, wenn wir dann in unserem ersten kleinen Studi Wg Zimmer irgendwo in der Großstadt für 650€ warm sitzen und um 3 Uhr nachts melancholisch instant Ramennudeln mit heißem Wasser übergießen wird uns klar, dass Erwachsen werden nichts mit dem Alter, der Größe oder bürgerlichen Rechten zu tun hat. Wir lieben unsere neu gewonnene Unabhängigkeit und fühlen uns gleichzeitig so verloren in diesem unendlich scheinenden Meer aus Möglichkeiten. Alles glitzert und funkelt und die Welt liegt uns zu Füßen. Wir sind fucking jung und das macht wahnsinnig Spaß und gleichzeitig eine scheiß Angst. Und wir stellen fest scheinbar weinen Erwachsene doch.